Traum50 – Hengst im Himbeerjoghurt OG >Collage28
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Ich laufe irgendwo in einer Landschaft - ohne diese wirklich zu sehen; ich weiß nicht, wo ich bin, noch was der Sinn meines Hierseins ist.
Auf einmal bin ich in einer Stadt und es wird mir gesagt, ich sei den Jakobsweg gelaufen - ich könne mir jetzt eine Urkunde abholen und dann in der Herberge übernachten. Ich hole mir die Urkunde ab, aber ich habe ein schlechtes Gefühl: Ich bin, so glaube ich, gar nicht den ganzen Weg gelaufen, und vor allem nicht in dem Wissen, dass es der Jakobsweg war. Ich fühle mich auch nicht erlöst oder spirituell inspiriert, sondern eher verloren und ziellos.
An die Herberge angeschlossen ist ein Stall. Ich liebe Pferde und habe doch nie eines besessen - daher gehe ich gleich hin. Der Stall ist nicht schön - er ist riesig und die Leute darin verhalten sich seltsam: wie eine eingeschworene "Jakobsweggemeinschaft", die sofort erkennen, dass ich nicht erleuchtet bin. Ich werde abgefertigt von Hans - einem Typen, der mich "Unerleuchtete" von oben herab behandelt - aber mein Freund und ich bleiben dennoch.
Ein ganz alter Traum wird wahr: Ich kaufe mir ein Pferd - einen silbernen Hengst.
Dennoch blitzt das Hochgefühl nur kurz auf und ein mulmiges Gefühl macht sich breit. Schaffst du das? Ist es nicht zu teuer und zu zeitaufwendig und zu schwierig für dich? Der Hengst steht auf dem Hänger und wir fahren zu der Jakobswegherberge, da dort der einzige Stall ist, den ich kenne. Wir kommen an, der Hengst steigt vom Hänger und ist kaum aufgeregt. Ich gehe auf die Suche nach jemandem, der mir sagen kann, welche Box noch frei ist. Ich traue mich kaum, die Menschen anzusprechen, weil sie alle so aussehen, als fänden sie diese Frage total blödsinnig. Mir fällt siedend heiß ein, dass ich gar nicht gefragt habe, ob sie denn noch Platz im Stall haben.
Letztlich finde ich die Verantwortliche beim Pflügen auf dem Trecker. Sie schimpft. Was ich mir denn denken würde: ein Hengst im Stall? Viel zu gefährlich. Ich hätte ja wohl gar keine Ahnung. Und außerdem sei für ein Großpferd gar kein Platz - sie hätten nur Ponyboxen frei. Und wie ist es mit den Weiden, frage ich leise. Das würde auf gar keinen Fall gehen, antwortet sie: ein Hengst auf der Weide!
Aber wo soll ich denn hin mit meinem Tier? Ich würde am liebsten winseln vor Angst und Scham. Und ich frage mich, ob mein Hengst überhaupt ein Großpferd ist; eigentlich wollte ich umsteigen auf Islandponys.
Ich renne zurück zum Hänger. Mein Freund hat den Hengst in einen Eimer gesteckt - einen 20-Liter-Himbeerjoghurteimer. Ich kann den Eimer tragen und gucke hinein: Nur die Nüstern gucken aus dem Himbeerjoghurt heraus, der Rest des Pferdekörpers ist auf ein Minimum zusammengefaltet. Ich habe Angst, dass er erstickt, wenn der Deckel auf dem Eimer ist oder die Nüstern "unter Joghurt". Der Hengst atmet noch. Ansonsten irritert mich gar nichts an dem Bild. Es scheint seine Richtigkeit zu haben, denn das Tier muss ja erst mal irgendwo bleiben. Allerdings kann ich so gar nicht feststellen, ob es ein Pony oder ein Großpferd ist.
Gefühl nach dem Aufwachen: Ich fühlte mich schwer, verzweifelt, wie gelähmt.
(weiblich, 28 Jahre)


Erinnerungen an die Kindheit:
Der Pferde- bzw. Ponystallgeruch - ich liebe und ich hasse ihn, weil ich als Kind, wenn ich Urlaub auf dem Ponyhof machte, immer sehr unsicher und ängstlich war und mich nie gut aufgehoben fühlte. Ich musste hart und stark sein, war aber ängstlich. Ich hatte immer Angst, dass die anderen Kinder mich nicht leiden können und ich ausgeschlossen werde (was ich oft war); ich hatte immer das Gefühl, zu schlecht zu sein und nicht oder für mein Alter (ich war zwischen 9 und 12 Jahre alt) zu schlecht reiten zu können. Außerdem war ich zweimal auf dem Ponyhof, während meine Eltern umzogen.

Eigene Assoziationen zum Traum:
Mein Freund, den ich sehr liebe.
Hans, der Mann, der mich im Traum so von oben herab behandelt, erinnert mich an eine Bekanntschaft, die ich auf einer Reise in einem buddhistischen Kloster gemacht habe. Meine Freundin und ich baten dort um ein Nachtlager. Wir sind keine Buddhisten und dieser Mann zeigte uns arrogant, dass wir eben nicht zu den Auserwählten gehörten - obwohl er immer Toleranz und Gemeinschaft predigte.
Der silberne Hengst ist der Begleiter meiner Kindheit: Er galoppierte neben mir her, wenn wir mit dem Auto fuhren, er war fester Bestandteil meiner Tagträume, er nahm mich auf seinem Rücken mit, wenn es zu Hause Probleme gab.
Warum der Hengst? Ich bin ein Wildfang.
Jakobsweg und Erleuchtung: Ich habe die letzten Jahre viel Zeit in die Erlangung meines seelischen Gleichgewichts gesteckt - und fühle mich dennoch immer noch nicht "erleuchtet" bzw. immer noch manchmal als Außenseiterin.
Himbeerjoghurt: der einzige Joghurt den ich mag. Ich esse abends vor dem Schlafengehen immer noch einen Joghurt, weil es mich beruhigt. Ein Relikt aus meiner Magersuchtszeit.

Assoziationen von Ortrud Grön:

Landschaft: Ich laufe suchend in mir herum, doch ich kann die Eigenart meines Wesens nicht wirklich wahrnehmen und weiß nicht, was der Sinn meines Hierseins überhaupt ist.

Stadt: Andererseits aber – wenn ich mir näher komme (Stadt) – sage ich mir: "Ich habe den Weg in die Selbsterlösung (Jakobsweg) doch schon geschafft (Urkunde), indem ich die Magersucht überwunden habe." Das kann ich aber andererseits nicht glauben, denn ich bin noch plan- und ziellos.

Pferde: Denn immer dann, wenn ich mich der Vitalität meiner Gefühle zuwende und die Freude an befreiten Gefühlen "reiten" will, kommt in mir ein Gefühl auf (Hans): "Du bist dafür noch nicht erleuchtet – bilde dir nur nichts ein."
Freund: Doch inzwischen schaffe ich es trotzdem, die Freundschaft zu mir selbst aufrecht zu erhalten. (hier fehlt mir ggf. die Eigenschaft des Freundes, den sie so lieben)

Silberner Hengst: Immer dann bin ich fähig, mich für kurze Zeit mit meinem Kindertraum zu verbinden und eine befreite (silberne) vitale Gefühlskraft zu spüren, die mich ins Leben tragen will.
Doch leider blitzt dieses Hochgefühl nur immer kurze Zeit auf, dann macht sich gleich wieder ein mulmiges Gefühl in mir breit, indem ich mich frage: "Kann ich das schaffen, mich derart zu befreien, um mich voller Lust und Freude meinen Gefühlen hinzugeben wie beim Reiten?"

Jakobsweg-Herberge: Und ich sage mir immer wieder und wieder: "Dazu muss ich erst den Weg zur Erleuchtung finden."

Pferdebox: Mit diesem Gedanken versuche ich, zur inneren Ruhe zu kommen.

Blödsinnige Frage: Dabei zweifele ich aber auch, ob dieser Gedanke richtig ist.

Frau beim Pflügen: In diesen Zweifel verstrickt, "durchpflüge ich mein Wesen", um festzustellen, wie ich doch noch neues Wachstum in mir ermöglichen kann.

Umsteigen auf Islandpony: Meine Sehnsucht, mit der beglückenden Vitalität eines Hengstes durch mein Leben zu reiten, aber opfere ich dabei auf. Beschämt und voller Angst finde ich mich mit der Vitalität eines Ponys ab.

Himbeerjoghurt-Eimer und Freund: In solchen Zweifeln sucht meine Freundschaft zu mir selbst einen Notausgang: Ich falte meine alte Kindersehnsucht nach der Vitalität meines freiheitssuchenden (silbernen) Hengstes zusammen und tröste mich stattdessen mit der Süße der Einsamkeit aus der Magersuchtzeit. Die Sehnsucht nach dem Ausdruck meiner Gefühle wurde fast erstickt.
Schade um den silbernen Hengst!

Liebe Träumerin,
der Traum will, dass Sie Ihre Kindersehnsucht nach Selbstbefreiung wagen und dazu Ihre Gefühle vital zum Ausdruck bringen. Sie haben durch die Überwindung der Magersucht sehr viel geleistet. Nun geht es darum, die Angst aus der Selbstabwertung in ein neues Selbstwertgefühl zu verwandeln, um das Leben auch genießen zu können. Sie haben ein so reiches Gefühlsleben und letztlich sind es die Gefühle, die unser Leben reich machen.

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